Osteopathie ist eine ganzheitliche Behandlungsmethode, die mit den Händen durchgeführt wird. Sie zeichnet sich durch die Wiederherstellung und Förderung der Selbstheilungskräfte aus. Wenn eine Körperregion dauernd schmerzt und sich einfach nicht erholt… Oder ein Band oder eine Sehne ohne adäquate Krafteinwirkung reißt, sich entzündet oder immer wieder Beschwerden macht… Dann kann man davon ausgehen, dass in dieser Region die grundlegenen physiologische Prozesse der jederzeit stattfindenden Selbstheilung abhanden gekommen sind. Die Belastbarkeit wird immer geringer, bis kleine, alltägliche Belastungen das Gewebe überforden.

Das Zusammenspiel der Körpersysteme

Der ganzheitliche Anspruch gründet auf Einbeziehung aller uns bekannten Systeme des Menschen. Nachfolgend ein Versuch, diese in Worte zu fassen:

  • der Bewegungsapparat (Knochen, Bänder, Sehnen, Muskeln, Faszien…)
  • das Organsystem (Magen, Darm, Leber, Milz, Nieren, Herz, Lungen, Blase, Geschlechtsorgane…)
  • das Gefäßsystem (Herz, Arterien, Venen, Lymphsystem…)
  • das Fasziensystem (verbindet den Bewegungsapparat mit dem Organsystem, und dem Gefäßssystem weitläufig durch den Körper)
  • das Drucksystem (abdomineller Druck, thoracaler Druck, intracranieller Druck, zentralvenöser Druck, periphervenöser Druck, Kompartmentdruck), u.a. beeinflusst durch
  • das Atemsystem (Zwerchfellfunktion, Rippen, Recessi, Beckenboden, Lungen, Pleura, Sternum, Nase, Nebenhöhlen, Lunge, Luftröhre…)
  • das CranioSacrale System bzw das Nervensystem und seine umliegenden Gewebe (Schädel, Faszien am Kopf, Hirnhäute, Sinnesorgane, Kiefer, Zähne, Nebenhöhlen, Stress, Emotionen…)
  • das Hormonsystem (Geschlechtshormone, Drüsenfunktionen, Schwangerschaft und Fruchtbarkeit, Stimmung, Libido, Depression…)
  • das Regenerationssystem (Schlafqualität, Stress, Emotionen, neuronale Schmerzmodulierung, gate control…)

Die Osteopathie setzt diese, hier von einander „getrennt gelisteten“ Systemen in Verbindung miteinander, wie sie in Realität in einem Organismus auch fungieren. Wir versuchen Domino-Effekte bei der Enstehung von Krankheiten und Symptomen zu finden und diese möglichst nahe an der Quelle zu behandeln.

For privacy reasons YouTube needs your permission to be loaded.

Der Körper und seine Fähigkeit zu kompensieren

Jeder Mensch ist dynamisch und unterliegt permanenter Veränderung. Die Systeme des Menschen können auf Einflüsse reagieren, sich anpassen und Einschränkungen ausgleichen. Gibt es Funktionsverluste, findet das Nervensystem einen Weg, wie alle Körpersysteme mit den verbleibenden Ressourcen am besten weiter arbeiten können und die Homöstase im Körper erhalten können. Diese Phase nennt sich Kompensationsphase. In dieser Phase treten keine Symptome auf.

Werden die Störfaktoren aber immer mehr, gibt es einen Punkt, an dem das bekannte Fass überläuft. An diesem Punkt ist die Fähigkeit zu kompensieren ausgeschöpft. Es folgt die Dekompensationsphase. In dieser Phase ist ein System (oder mehrere Systeme) überlastet und Symptome treten auf. Ist dies nur kurz der Fall, gehen die Symptome wieder weg, da der Organismus permanent daran arbeitet, die Homöstase wiederherzustellen.

Eine Pathologie bzw ein chronisches Problem entsteht, wenn zu viele Kompensationen zu lange vorherrschen. Es ist dabei egal, wie alt die Einschränkungen sind. Es ist die Summe. Beim Bewegungsapparat resultiert das in herabgestzter Belastbarkeit, in anderen Systemen in „Entgleisungen“, „Störungen“, „chronischen Entzündungen“, „chronischen Insuffizienzen“, etc…

In der osteopathischen Behandlung geht es um die Auffindung und Behebung von Gewebedefiziten und Funktionsverlusten, die durch vergangene Ereignissen entstanden sind. Bis zum Auftreten erster Symptome konnte Ihr Körper diese wirksam kompensieren. Eine chronologische Aufstellung, wann welche Symptome in Ihrem Leben begonnen haben, ist dabei von wesentlicher Bedeutung. Man kann daran erkennen, wann Ihr Körper in welchen Belangen die Grenzen des Tolerierbaren überschritten hat. Hypothetische Gründe dafür sind logischerweise in der Zeit davor zu suchen.

Die häufigsten Gründe für Dysfunktionen sind physische und psychische Trauma, Operationen, Narben, Entzündungen und schwere Erkrankungen. Aufgrund des osteopathischen Denkmodells der Kompensationsfähigkeit wird oft nicht dort behandelt, wo der Patient die Beschwerden verspürt. Es wird der gesamte Mensch mit all seinen Restriktionen, Adaptionen und Dysfunktionen aus der Vergangenheit behandelt. Dadurch werden verloren gegangene Funktionen wiederhergestellt, was dazu führt, dass die allgegenwärtigen Selbstheilungskräfte des Körpers mehr Wirkung zeigen können. Auch psychische Belastungen und Alltagsstress sowie die Schlafqualität sind wesentlich für funktionierende, sich regenerierende, und belastbare Körpergewebe.

Viszerale Therapie – die Mobilität der Inneren Organe

For privacy reasons YouTube needs your permission to be loaded.

Die Mobilität und Verformbarkeit der Organe zueinander sowie die Gleitfähigkeit der Organe zum Bewegungsapparat spielt eine wichtige Rolle in der Funktion des menschlichen Organismus. Bei jedem Atemzug gleiten benachbarte Organe und Faszienschichten aufeinander wie zwei Glasplatten mit einem Flüssigkeitsfilm dazwischen. Die Niere ist das beweglichste Organ und kann bei tiefen Atemzügen bis zu 6 cm aufwärts-abwärts gleiten. Bei jeder Rumpfbewegung verlagern sich die Organe und verformen sich zueinander und erlauben damit eine Verformung des Rumpfes. Das ist der evolutionär entstandene Soll-Zustand. Gehen diese Funktionen verloren, geht auch Gesundheit verloren.

Stellen Sie sich vor, ihre gesamter Bauchraum, jedes Organ wäre steif wie Gips. Sie könnten ihre Wirbelsäule kaum bewegen. Gelingt es, starre Organe (nach Narben, Trauma, Entzündung, etc), beweglicher zu machen, wird ihr Körper elastischer werden.

For privacy reasons YouTube needs your permission to be loaded.

Die Fähigkeit der Organe sich zu verformen kann durch Entzündungsprozesse, Fehlbenutzung, Narben oder Traumata verloren gehen. Im nachfolgenden Video sind verschiedene Fixationsmöglichkeiten von Leber und Niere in Ultraschallbildern ersichtlich. (Der Patient liegt am Rücken, die Bauchdecke ist „oben“ im Bild, der Kopf links und die Beine rechts.) Die Bewegung der Organe wird durch die Zwerchfellatmung ausgelöst.

Solche Fixationen können sich auf die Funktionalität des Organs auswirken. Damit ein Organ optimal seinen Zweck im Organismus ausüben kann, benötigt es den vorgesehenen Platz, Mobilität, ausreichend Lymphabfluss und dafür die nötigen Pumpmechanismen (=Bewegung, Atmung). Durch viszerale Behandlungen kann die Mobilität und dadurch die Funktionalittät der Organe verbessert werden. Auch die Behandlung vom Hormonsystem ist auf diese Weise möglich. Ist die Niere beweglicher, wirkt sich das auf den venös-lymphatischen Flow in der Nebenniere aus. Und diese ist ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Hormonsystems. Für die Eierstöcke ist die Spannung im Becken von großer Bedeutung, für die Schilddrüse u.a. die Mobilität von Speiseröhre und Luftröhre, sowie der mittleren und tiefen Schicht der Halsfaszien, usw…

Wirksamkeit der Osteopathie durch Overview of Systematic Reviews belegt

Im Herbst 2022 gab es eine Übersichtsarbeit über Systematische Reviews, die die Wirksamkeit der Osteopathie bei bestimmten Beschwerden belegt. Nach dieser Arbeit, die 27 Systematische Reviews einschließt, können bzw könnten osteopathische Behandlung …

  • bei chronischen unspezifischen Kreuzschmerzen zu einer Verringerung der Schmerzen und einer Verbesserung der Funktionalität führen.
  • bei chronischen oder akuten Nackenschmerzen zu einer  Verringerung der Schmerzen führen.
  •  bei Frauen mit schwangerschaftsbedingten Kreuzschmerzen zu einer Verringerung der Schmerzen und einer Verbesserung der Funktionalität führen.
  • Bei Müttern mit Kreuzschmerzen nach der Geburt zu einer Verringerung der Schmerzen und einer Verbesserung der Funktionalität führen.
  • Bei Patient*innen mit Migräne zu einer Verringerung der Schmerzintensität und der Schmerzhäufigkeit führen.
  • Bei Patient*innen mit Reizdarmsyndrom zu einer Verringerung der Schmerzintensität führen.

Bei welchen Beschwerden kann Osteopathie helfen?

Körperliche Beschwerden sind vielfältig und individuell.
Genauso sind es die Behandlungsmöglichkeiten in der Osteopathie.

Die allermeisten Beschwerden sowie viele andere Funktionen des Menschen können mit osteopathischen Behandlungen verbessert werden. Schmerzen am Bewegungsapparat gelingen in den allermeisten Fällen. Auch Verdauungsbeschwerden, Periodenbeschwerden, venöse Probleme und Krämpfe lassen sich meistens beeinflussen. Immer wieder verändern sich auch Symptome wie Konzentration, brain fog, Migräne, Tinnitus, Temperaturregulation und Schlafstörungen.

Schmerzen

Wirbelsäule, Bandscheiben, Ischias, Hüfte, Knie, Fuß, Schulter, Ellenbogen, Handgelenk, Finger, Kiefergelenk
Kopfschmerzen, Migräne, Ausstrahlungen, Taubheitsgefühle, Kompressionssyndrome, etc.

Verdauung

Schluckbeschwerden, Bauchschmerzen, Völlegefühl, Reflux, Übelkeit, Obstipation, Durchfall, Nahrungsmittelintoleranzen, Blähungen, etc.

Hormonsystem

Periodenschmerzen, starke Blutung, PMS, PCO, Schilddrüsenstörungen, Kinderwunsch, Dyspareunie, Schwangerschaftsbegleitung, Wechselbeschwerden, etc.
Prostatabeschwerden, erektile Dysfunktion, etc.

Herz-KL-System

Blutdruck, Puls, Atmung, Asthma, Durchblutungsstörungen, Hämorrhoiden, venöse Stauungen, Schwellungen, Ödeme, Krampfadern, Krämpfe, Temperaturregulation, etc.

Babies

Schreibabies, Koliken, Reflux, übermäßiges speiberln, Schiefhals, bevorzugte Brust, Entwicklungsstörungen, Asymmetrien, etc.

Befinden

Müdigkeit, Schlafqualität, Libido, Depression, Stimmungsschwankungen, Schwindel, Tinnitus, Migräne, Konzentration, brain fog, etc…